Akustischer Stolperstein für Bertha Markus

Uraufführung am 9. November 2018
Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag der Pogromnacht im Rathaus Schöneberg





BERTHA MARKUS (1863 – 1943)
Hausfrau

Bertha Markus verlässt ihren Heimatort in Westpreußen wegen Antisemitismus und geht nach Berlin, weil hier Verwandte wohnen. Nach zwei Jahren stirbt ihr Ehemann. Im September 1942 wird sie nach Theresienstadt deportiert, wo sie noch 10 Monate lebt, bevor sie verhungert.

Lange wusste die Familie nichts von ihrem Schicksal. Heute gibt es für Bertha Markus ein biografisches Album in der Dauerausstellung WIR WAREN NACHBARN. Mühsam musste sich die Biografin, ihre Urenkelin Dr. Ilona Zeuch-Wiese, dem versteckten Schicksal der jüdischen Urgrossmutter annähern. Ein, zwei Bilder, bürokratische Nazidokumente, der Name, die Bezeichnung Hausfrau. Dem Schweigen und Vergessen wurde Bertha Markus aber schließlich entrissen. In 2009 hat Gunter Demnig einen messingfarbenen Stolperstein in der Schwerinstraße 5 in Schöneberg für sie verlegt. Und ich habe für diese unspektakuläre Frau im Herbst 2018 ganz besonders gern meinen 16. Akustischen Stolperstein produziert.

Frau Dr. Ilona Zeuch-Wiese, die Urenkelin von Bertha Markus, schreibt nach der Uraufführung der Komposition im Newsletter des Projekts WIR WAREN NACHBARN / Ausgabe 2018 nach der Uraufführung der Komposition:

„Ich erschrecke: Dissonante, beängstigende, verstörende Geräusche. Nach genau 60 Sekunden tritt eine Stille ein, die hörbar ist. Ich spüre, wie mein Herz klopft. Dann leitet Frau Fabian über zu den Akustischen Stolpersteinen für sieben Personen aus der Ausstellung WIR WAREN NACHBARN. Kurz geht sie auf deren Schicksal ein und lässt im Anschluss daran die Klänge ertönen, mit denen sie ihrer gedenkt: Luise Kautsky, Doris Kaplan, Cora Berliner – und dann Bertha Markus, meine Urgroßmutter. Dieses Album habe sie ausgewählt, sagt die Komponistin, weil es eine Ausnahme ist zwischen all den Alben für überwiegend intellektuelle und berühmte Personen. Die Geschichte und das Schicksal dieser einfachen Hausfrau habe sie berührt. Wie auch mich, ihre Urenkelin: Erst durch die Arbeit an ihrem Album konnte ich ihr ein wenig näher kommen.
Ich schließe die Augen und höre: rollende Räder, fließendes Wasser, klingende Glocken – und schließlich verhallen die Töne und alles löst sich auf. Ich habe den Ort besucht, an dem sie fast ihr ganzes Leben verbracht hat: Deutsch Krone, eine dörfliche Kleinstadt in Westpreußen. Die habe ich in den Tönen wiedergefunden: Seen und Wälder rings herum, rumpelnde Wagen auf Kopfsteinpflaster, beschauliche Ruhe …“


https://www.stolpersteine-berlin.de/de/biografie/1174